Zukunft des Industriestandorts Deutschland steht in Frage

Länderindex Familienunternehmen: Dänemark und Schweden machen Mut

Deutschland im Vergleich der OECD-Staaten weit abgeschlagen – das ist das enttäuschende Ergebnis auch des neuesten Länderindex im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen. Eine Trendwende ist nicht gelungen. Die Forscher des ZEW empfehlen umfassende Reformen, Prioritäten bei den öffentlichen Finanzen und die Abschaffung ganzer Gesetzespakete.

Personalabbau, Marktanteilsverluste und Investitionsschwäche: Die Nachrichten, die wir aus den Familienunternehmen bekommen, decken sich mit den katastrophalen Standortnoten unseres Länderindex. Die Politik hat in Teilen verstanden, dass dem mit mehr Schulden und Subventionen nicht beizukommen ist. Die klaren Empfehlungen der Forscher kann sie nun nicht mehr ignorieren.

Die Grafik zeigt das Ranking von 21 Ländern im Länderindex, basierend auf verschiedenen Standortfaktoren. Dänemark (DK) führt mit 63,66 Punkten, gefolgt von Schweden (S) mit 63,42 Punkten und Kanada (CDN) mit 62,33 Punkten. Deutschland (D) belegt den 17. Platz mit 48,68 Punkten, was unter dem Durchschnitt der Top-Länder liegt.
Im Balkendiagramm "Länderindex" nimmt Deutschland die untersten Ränge ein. © Stiftung Familienunternehmen, 2025

München, den xx Januar 2025. Die neuen Musterschüler in der Rangliste der 21 wichtigsten Industriestaaten sind nicht mehr nur die USA und Kanada, sondern neu auf Platz 1 und 2 Dänemark und Schweden. Das zeigt: Es ist möglich, hochattraktive Standortbedingungen zu erschaffen – sogar innerhalb der Europäischen Union (EU) mit ihrer Bürokratie und ihren sozial ausgewogenen Gesellschaftmodellen.

Beim Forscherteam des Zentrums für Europäische Wirtschaftspolitik (ZEW) um Professor Friedrich Heinemann löst dies Zuversicht aus – auch mit Blick auf eine mögliche Reform-Agenda nach der bevorstehenden Bundestagswahl. Nötig seien eine wirklich spürbare Senkung der effektiven Steuerbelastung und eine durchgreifende Verbesserung der Investitions- und Innovationsanreize. Deutschland wie die anderen großen EU-Staaten seien unterwegs in eine ungewisse Zukunft. Ohne umfassende Reformen sei das bisherige Wohlstandsniveau nicht zu halten.

Die Grafik vergleicht die Finanzierungsmöglichkeiten in Deutschland mit denen in Westeuropa, den USA und Japan anhand von fünf Faktoren: Kreditmarkt, Gläubigerschutz, Ratings, Verschuldung und Kreditinformation. Deutschland erzielt hohe Werte bei Ratings und Kreditinformationen, was auf eine starke Finanzierungsstruktur hinweist. Im Bereich Gläubigerschutz liegt Deutschland gleichauf mit Westeuropa und besser als die USA und Japan. Die USA haben im Bereich Verschuldung die besten Werte, während Japan insgesamt schlechter abschneidet. Der Kreditmarkt ist in Deutschland und Westeuropa ähnlich, jedoch weniger ausgeprägt als in den USA. Diese Unterschiede zeigen, wie sich die Finanzierungsmöglichkeiten in den verglichenen Regionen unterscheiden.
Deutschlands führende Rolle beim Aspekt Finanzierung, dargestellt als Netzdiagramm. Im Vergleich zu Westeuropa, Japan und den USA © Stiftung Familienunternehmen, 2025

Gute Noten nur bei einem von sechs Indikatoren

Der Länderindex ist aus sechs Subindizes zusammengesetzt. Führend ist Deutschland weiterhin beim Indikator „Finanzierung“, der die öffentliche und private Verschuldung, die Kreditwürdigkeit und die Qualität der Kreditmärkte abbildet.

Die Grafik vergleicht die Steuersituation in Deutschland mit Westeuropa, den USA und Japan anhand von vier Faktoren: Steuerkomplexität, nationale Geschäftstätigkeit, grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit und Erbschaftsteuer. Deutschland hat die höchste Steuerkomplexität im Vergleich zu den anderen Ländern. In Bezug auf die nationale Geschäftstätigkeit liegt Deutschland im mittleren Bereich, während Westeuropa und die USA besser abschneiden. Japan hat die niedrigste Bewertung bei der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit. Die Erbschaftsteuer ist in Deutschland ebenfalls hoch, was im internationalen Vergleich auffällt.
Beim Aspekt Steuern nimmt Deutschland eine passive Rolle ein im Vergleich zu westeuropäischen Ländern, Japan sowie den USA

Beim Indikator „Steuern“ dagegen ist Deutschland auf dem vorletzten Platz; hier nehmen die osteuropäischen Staaten Spitzenplätze ein, während Deutschland seit Jahren passiv bleibt.

Die Grafik vergleicht Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital in Deutschland mit den USA, Westeuropa und Japan. Deutschland hat hohe Arbeitskosten, liegt jedoch hinter den USA und Westeuropa in der Produktivität. Im Bereich der Bildung der Erwerbsbevölkerung schneidet Deutschland besser ab als Japan, aber schlechter als die USA und Westeuropa. Die PISA-Ergebnisse zeigen, dass Deutschland im internationalen Vergleich gute Werte erzielt, jedoch nicht die besten. Bei den Bildungs-­Ausgaben steht Deutschland im mittleren Bereich, während Westeuropa insgesamt höher ausgibt.

Enttäuschend fällt auch der Subindex „Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital“ aus (vorletzter Platz): Hohe Arbeitskosten treffen auf unterdurchschnittliche Produktivität und schwache Bildung.

Die Grafik vergleicht die Regulierung in Deutschland mit Westeuropa, den USA und Japan in Bezug auf fünf Faktoren: Arbeitsmarkt und Tarifrecht, betriebliche Mitbestimmung, Regulierungen im laufenden Geschäftsbetrieb, Außenhandel und Geschäftsgründung. Deutschland hat in den Bereichen betriebliche Mitbestimmung und Arbeitsmarkt und Tarifrecht im Vergleich zu den USA und Japan die höchsten Werte. Bei der Regulierung im laufenden Geschäftsbetrieb und beim Außenhandel schneidet Deutschland schlechter ab als Westeuropa.
Deutschlands Arbeitsmarktregulierung dargestellt als Netzdiagramm im Vergleich zu Westeuropa, Japan und den USA © Stiftung Familienunternehmen, 2025

Nochmal zwei Plätze schlechter als beim letzten Index 2022 schneidet Deutschland beim Faktor „Regulierung“ ab, hier vor allem in der Regulierung des laufenden Geschäftsbetriebs. Spitzenreiter Dänemark und Schweden setzen stärker auf markt-orientierte Ansätze, etwa in der Klimapolitik. Deutschland solle sich am besten einem „Null-Regulierungs-Denkmodell“ annähern, so die Forscher.

Die Grafik vergleicht die Infrastruktur und Institutionen in Deutschland mit denen in Westeuropa, den USA und Japan anhand von fünf Faktoren: Transport, Kriminalität, Korruptionskontrolle, Rechtssicherheit sowie Information und Kommunikation. Deutschland schneidet bei der Kriminalität und Korruptionskontrolle besser ab als die USA und Japan, liegt jedoch hinter Westeuropa. In den Bereichen Transport und Information und Kommunikation erzielt Deutschland im Vergleich zu den anderen Ländern weniger gute Werte. Die USA und Japan haben insgesamt eine bessere Bewertung im Bereich Transport. Westeuropa hat ebenfalls bessere Ergebnisse bei den Bereichen Rechtssicherheit und Korruptionskontrolle.
Eine Darstellung über Deutschlands Infrastruktur und Investitionen verglichen mit Westeuropa, Japan und den USA © Stiftung Familienunternehmen, 2025

Um einen Rang verbessert zeigt sich der Indikator „Infrastruktur und Institutionen“, wobei die Subindizes für Deutschland ein disparates Bild zeigen: gut bei Korruptionskontrolle, vergleichsweise schlecht bei Kriminalität und politischer Stabilität, verbessert bei der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, unterdurchschnittlich bis sehr schlecht bei Straßen und Schienen.

Die Grafik zeigt einen Vergleich der Energiebedingungen in Deutschland, Westeuropa, den USA und Japan anhand von fünf Faktoren: Strompreise, Gas- und Kraftstoffpreise, Stromversorgungssicherheit, Klimaziele und Importrisiko. Deutschland hat in allen Bereichen im Vergleich zu den anderen Regionen höhere Werte, insbesondere bei den Strompreisen und den Gas- und Kraftstoffpreisen. Japan und die USA schneiden bei der Stromversorgungssicherheit besser ab als Deutschland. Westeuropa liegt bei den Klimazielen und der Stromversorgungssicherheit ebenfalls besser. Das Importrisiko zeigt, dass Deutschland in dieser Hinsicht ähnliche Werte wie Westeuropa hat.
Deutschlands Energiepreise dargestellt als Netzdiagramm im Vergleich zu westeuropäischen Ländern, Japan und den USA © Stiftung Familienunternehmen, 2025

Der erste Blick auf den Standortfaktor „Energie“ könnte zunächst erfreuen. Denn Deutschland hat sich von Rang 18 auf Rang 8 vorgearbeitet. Zu dieser Verbesserung haben Preis- und Wechselkurseffekte beigetragen. Dennoch bleiben die Energiepreise ein großer Standortnachteil Deutschlands, so das Forscherteam. Für Elektrizität muss hier nach wie vor mehr als Doppelte bezahlt werden – im Vergleich zu den günstigsten Ländern der OECD. Deutschland hat auch weit höhere Gas- und Kraftstoffpreise verglichen mit USA, Japan und dem gesamten westeuropäischen Durch-schnitt. Das Energieimportrisiko ist weiterhin hoch.

Personalabbau, Marktanteilsverluste und Investitionsschwäche: Die Nachrichten, die wir aus den Familienunternehmen bekommen, decken sich mit den katastrophalen Standortnoten unseres Länderindex. Die Politik hat in Teilen verstanden, dass dem mit mehr Schulden und Subventionen nicht beizukommen ist. Die klaren Empfehlungen der Forscher kann sie nun nicht mehr ignorieren.

Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen

Cor­ne­lia Knust​

Leiterin Kommunikation​
Cornelia Knust

Teaserbild: Unsplash, 2024

Datum
1.1.1900, München

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