Zollkrieg belastet einzelne Regionen und Branchen besonders stark
Klagen und Empörung über die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump helfen nicht weiter. Im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen haben Forscher das optimale Verhalten für Deutschland und die EU skizziert und mit Zahlen unterlegt. Szenarien zeigen: Der richtige Deal könnte zu deutlichen Wohlfahrtsgewinnen führen.
München, den 23. Mai 2025. Deutschland und die EU sollten dazu beitragen, dass die USA ihre Probleme lösen können. Erster Schritt dahin: Förderung eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts durch Abschluss eines Handelsabkommens. Zweiter Schritt: Abbau von Binnenhürden und Bürokratie in der EU, denn diese wirken wie nicht-tarifäre Handelshemmnisse.
Gleichzeitig könnte die EU mehr Rüstungsgüter in den USA kaufen und die Bedeutung des Euros als Reservewährung stärken, etwa durch Abschluss einer Kapitalmarktunion. Beides würde die ökonomischen Lasten für die USA mildern, die durch das Leistungsbilanzdefizit und den starken Dollar entstehen. Die Empfehlungen stammen von Handelsökonom Professor Gabriel Felbermayr, Direktor des Forschungsinstituts Wifo in Wien.
Zusammen mit einem Team des Instituts für Weltwirtschaft Kiel hat er 19 verschiedene Szenarien für den Welthandel berechnet, die sich aus dem geplanten Zollregime der USA ergeben könnten, wie es sich seit dem 2. April 2025 darstellt.
Die Berechnungen zeigen, dass sich ein Zollkrieg deutlich auf das Wirtschaftswachstum in Europa und Deutschland niederschlüge (jeweils minus 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP). Der große Mehrwert der Studie besteht in der sektoralen und regionalen Differenzierung der Zoll-Effekte. Besonders die Branchen Kfz, Maschinenbau und Pharma sowie Logistik wären betroffen – und damit viele Familienunternehmen. Berührt wären überproportional Regionen, in denen diese Industrien stark vertreten sind, so etwa Köln, Hamburg und Darmstadt.
Ein Deal brächte ein Plus von 0,2 bis 0,6 Prozent beim BIP
Von einem Deal dagegen würden alle Seiten profitieren. Wie stark genau, hinge davon ab, ob sich die USA und/oder die EU gleichzeitig von China entkoppeln. Für Deutschland beliefe sich der Zuwachs zwischen plus 0,2 und 0,6 Prozent des BIP, allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen in der kurzen und langen Frist.
Felbermayr plädiert für einen Deal, obwohl ihm klar ist, dass die Defizite der USA mit der EU keineswegs so hoch sind, wie von US-Präsident Trump dargestellt. Der Forscher macht auch sichtbar, wie unklar Trumps Ziele in diesem Handelsstreit sind und wie sehr sie sich gegenseitig widersprechen.
Doch Felbermayr geht es um gute Taktik. Dafür müsste die EU auf dem Weg zu einem Deal durchaus pokern, mit Gegenmaßnahmen drohen und Schäden für einzelne Branchen und Regionen kurzfristig in Kauf nehmen. Um dies glaubwürdig zu tun, müsse klar sein, dass die betroffenen Marktteilnehmer entschädigt würden, am besten durch den Globalization Adjustment Funds der EU, der künftig nicht nur die Auswirkungen der Globalisierung, sondern auch der Zollpolitik abdecken könnte.
Die Berechnungen des Forscherteams zeigen: Für die EU steht in den USA deutlich mehr auf dem Spiel als in China.
Familienunternehmen sind überzeugt von Freihandel und einem multilateralen, regelbasierten Handelssystem. Dass die USA Zölle als Erpressungspotenzial verwenden und weltweit eine gewaltige Unsicherheit erzeugen, führt bei ihnen zu hohen Kosten. Umso mehr müssen sie an einem stabilen Deal mit den USA interessiert sein. Die EU sollte diesen Weg mutig und klug beschreiten.
Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen
Viele deutsche Familienunternehmen unterhalten enge Handelsbeziehungen mit den USA. Mit eigenen Produktionsstandorten sorgen sie auch auf der anderen Seite des Atlantiks für Wachstum, Wertschöpfung, stellen Jobs und bilden aus. Nicht zuletzt sind die USA von zahlreichen Produkten und Komponenten deutscher Hidden Champions angewiesen. Der Zoll-Streit sollte daher in beiderseitigem Interesse schnellstens beigelegt werden – am Ende kennt er keine Gewinner.
Dr. David Deißner, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen
Teaserbild © Adobe Stock