Nachfolger fürchten Spaltung der Gesellschaft
Der nächsten Unternehmergeneration fehlt es nicht an der familienunternehmerischen Grundhaltung, auch nicht an Leistungsbereitschaft oder Freude an der Verantwortung. Aber da ist viel Angst vor der Zukunft.
München, den 18. September 2023. Die so genannten Next Gens sehen die Gefahr einer politischen Polarisierung und einer sozialen Spaltung der Gesellschaft als sehr groß an. Diese Angst rangiert bei den Zukunftsängsten sogar noch vor dem Klimawandel. Aktuell treibt der Krieg in Europa die jungen Leute am meisten um. Aber gleich danach kommt die Gefahr einer schlechten Wirtschaftslage mit steigender Armut.
Das ist das Ergebnis einer Studie der Stiftung Familienunternehmen: „Deutschlands nächste Unternehmergeneration 2023“. Zum sechsten Mal hat die Zeppelin-Universität diese Studie erstellt. Das Team um Prof. Reinhard Prügl hat diesmal deutschlandweit 440 Vertreter der nächsten Unternehmergeneration befragt, und zwar im Alter zwischen 16 und 40 Jahren. Sie haben die Einstellungen der Nachfolger und Nachfolgerinnen eruiert: zu grundlegenden Werten, zu persönlichen Plänen und konkreten Herausforderungen. Vorbild sind die Shell-Jugendstudien, deren Mitleiter Prof. Mathias Albert diesmal sogar dem Autorenteam angehört hat.
Von der Gesellschaft verteufelt, von der Politik kaum wahrgenommen
Besonders die wachsende Feindseligkeit zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und politischen Überzeugungen macht der Nachfolgegeneration Sorge. Mancher next gen will sich als solcher gar nicht mehr zu erkennen geben. Das Forscherteam berichtet zudem, die Nachfolger fühlten sich mit den eigenen Interessen von den politischen Parteien kaum wahrgenommen.
Unter den Herausforderungen, denen sie sich zu stellen haben, nennen die next gens zuvorderst die Erbschaftsteuer. Die Weiterführung des Unternehmens werde durch hohe Steuern erschwert. Weitere Herausforderungen: Der Fachkräftemangel und die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Neue Akzente bei Nachhaltigkeit und Führungskultur
Als Chance sehen es die Nachfolger an, im Unternehmen neue Akzente setzen zu können. Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle, auch neue Organisationsstrukturen und eine andere Führungskultur.
Die Vorbereitung auf die Nachfolge läuft zunehmend professionell ab, und zwar abhängig von der Größe des Unternehmens. Im Vergleich zur letzten Studie 2020 ist der Prozess inzwischen viel formalisierter. In 190.000 Familienunternehmen in Deutschland steht bis 226 die Nachfolge an (laut Institut für Mittelstandsforschung, Bonn). Die Demographie verkleinert auch hier die Zahl potentieller Nachfolger. Gleichzeitig bieten sich ihnen vielfältige Karriereoptionen außerhalb des Familienunternehmens.
Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Die in der Studie zu Tage tretenden Ängste sind für mich ein erschreckender Befund. Dies sind die künftigen Vertreter der Unternehmensform, die die deutsche Wirtschaft mehr als jede andere trägt. Sie sollten stolz sein und vertrauensvoll in die Zukunft blicken können. Es ist höchste Zeit, das Unternehmerbild von seinen seltsamen Klischees zu befreien und die drückende Steuerlast zu erleichtern.“
Teaserbild: Dr. Anne-Marie Großmann © GMH Gruppe / Layout: Serviceplan