Staaten müssen Handelsbarrieren abbauen
München, den 11. April 2022. Die Staaten sollten in der Handelspolitik enger zusammenrücken und Handelsbarrieren beseitigen. Dies ist die richtige Antwort der Europäischen Union (EU) auf die neue geopolitische Realität. So heißt es in der Studie „Europäische Handelspolitik im Dienste der Geopolitik“, herausgegeben von der Stiftung Familienunternehmen. Sie wurde verfasst von Professor Gabriel Felbermayr, Direktor des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo.
Außenhandelspolitik soll zur Sicherung des Friedens beitragen. Das haben die westlichen Staaten mit den harten Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Weißrussland deutlich gemacht. Deutschland als große Exportnation und wichtiger Industriestandort wird die Folgen am stärksten spüren. Deshalb gelte es, den Handel mit anderen Teilen der Welt zu intensivieren, auch mit den USA. Gerade der EU-US Trade and Technology Council (TTC) biete eine Plattform dafür, so Felbermayr.
Plädoyer für eine regelbasierte Sanktionspolitik
Die Studie plädiert für eine regelbasierte und transparente Sanktionspolitik, auf die sich die Unternehmen einstellen können. Nur so bleibe die EU glaubwürdig, die Sanktionen auch durchzuhalten. Und nur so könne die wirtschaftliche Stärke der europäischen Staaten gesichert werden, die in der Folge auch außenpolitisch stark mache. Man dürfe nicht abgleiten in Protektionismus. Die Prämissen einer offenen Außenwirtschaftspolitik müssten bestehen bleiben.
Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Die Familienunternehmen haben bewiesen, dass sie die Wirtschaftssanktionen gegen Russland unterstützen und bereit sind, die Folgen zu tragen. Doch sie sind oft international ausgerichtet und auf den freien und berechenbaren Zugang zu internationalen Absatzmärkten angewiesen. In Europa nimmt die Tendenz zur Abschottung und Politisierung des gesamten Außenhandels zu. Dies kann nicht im Interesse der deutschen Exportwirtschaft sowie ihrer Beschäftigten sein. Denn das geht zu Lasten unserer Sozialen Marktwirtschaft.“
1700 neue Maßnahmen in einem Jahr
Schon vor dem Krieg in der Ukraine zeigte sich, wie stark die Handelsbarrieren weltweit zunehmen. 2021 sind 1700 neue protektionistische Maßnahmen verhängt worden – eine neue Rekordzahl, acht Mal so hoch wie 2009. Deutschland ist nach China das Land, das am häufigsten Ziel diskriminierender Handelspraktiken wird.
Die EU ist aber auch selbst kein harmloser Spieler in der Handelspolitik. Brüssel versuche mit den Mitteln der Außenwirtschaftspolitik, nicht-handelspolitische Ziele durchzusetzen – und seien sie noch so sinnvoll -, zum Beispiel bei Menschenrechten oder in der Umwelt- und Sozialpolitik, so Felbermayr. Wirtschaftssanktionen würden auch zunehmend als Ersatz für andere außenpolitische Maßnahmen eingesetzt. Dies führe zu ökonomisch hohen Kosten. Gerade Familienunternehmen seien auf die internationale Arbeitsteilung angewiesen.
Kritik am CO2-Grenzausgleichsmechanismus
Kritik übt die Studie an den Plänen für einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus. „Der CO2-Grenzausgleich wird eher symbolischen Wert haben“, heißt es dort. Erfolgversprechender sei, wenn Staaten mit ehrgeizigen Klimazielen einen Klimaclub bildeten, der möglichst rasch um weitere Mitglieder wächst. Die Untersuchung warnt auch vor einer zu interventionistischen Politik. Maßnahmen wie zum Beispiel der „European Chips Act“ trügen dirigistische Züge. Besser sei es, das kooperative Verhalten von Staaten zu fördern und offene Märkte zu schaffen.