Wie niedrigere Steuern zu höheren Investitionen führen

Studie Standortfaktor Körperschaftsteuer im Handelsblatt

Handelsblatt vom 02.02.2024

Körperschaftsteuer: Wie niedrigere Steuern zu höheren Investitionen führen

Eine Senkung der Unternehmensteuern würde Investitionen und Wirtschaftswachstum erhöhen, zeigt eine neue Studie. Das Finanzministerium sieht Handlungsbedarf. Es gibt aber ein Problem.

Berlin. Die schlechte Wirtschaftslage in Deutschland befeuert die Diskussion über notwendige Reformen bei den Unternehmensteuern. Für Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sind sie eine der zentralen Belastungen. „Die Arbeitskosten in Deutschland sind zu hoch, die Bürokratielasten zu drückend, und die Steuerlast der Unternehmen ist im internationalen Vergleich zu hoch“, sagte der Oppositionsführer bei der Generaldebatte im Bundestag.

Die Regierung schreckt vor einer Unternehmensteuerreform jedoch bislang zurück, auch wegen der Einnahmeausfälle. Dabei könnte eine Steuersenkung starke positive Effekte haben, etwa für die Investitionskraft der Unternehmen. Aber auch Arbeitnehmer könnten über eine höhere Beschäftigung und höhere Löhne profitieren. Zu diesem Urteil kommt die Studie „Standortfaktor Körperschaftsteuer“ des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, die dem Handelsblatt vorliegt.

Demnach könnten bis 2033 zusätzliche Investitionen in Höhe von 57 Milliarden Euro entstehen, wenn die Körperschaftsteuer in fünf Schritten um fünf Prozentpunkte, also von heute 15 auf zehn Prozent, gesenkt werden würde. In dem Jahr würden die positiven Reformeffekte auf Investitionen und Konsum die staatlichen Mindereinnahmen auch erstmals übertreffen.

Die Forscher rechnen in ihrer Studie auch eine noch stärkere Senkung der Körperschaftsteuer von zehn Prozentpunkten durch. Die Wirkung wäre noch durchschlagender: Eine solche Steuersenkung würde die Investitionen bis 2033 um 115 Milliarden Euro ankurbeln, heißt es in der Studie.

Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, sagt: „Es gibt viele Instrumente, um den Standort zu stärken. Doch wie die Forscher zeigen, funktioniert kaum eines so schnell und unkompliziert wie eine Senkung der Körperschaftsteuer.“ Wenn sie moderat und schrittweise erfolge, überfordere sie den Staatshaushalt nicht und setze trotzdem ein Signal des Aufbruchs.

Massiver Druck auf die Bundesregierung

Die Wirtschaft erhöht derzeit massiv den Druck auf die Bundesregierung, auf die Konjunkturschwäche zu reagieren. Die vier Spitzenverbände haben Anfang der Woche einen Brandbrief an Kanzler Olaf Scholz (SPD) geschrieben, in dem sie Reformen fordern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat eine Analyse vorgelegt, die Handlungsbedarf attestiert: Demnach ist die Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland mit knapp 30 Prozent inzwischen mit die höchste unter den großen Industriestaaten.

Im Bundesfinanzministerium nimmt man die Klagen der Wirtschaft ernst. So sagte die für Finanzpolitik zuständige Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) dem Handelsblatt: „Im internationalen Vergleich ist die Steuerlast für Unternehmen in Deutschland zu hoch – das ist auf Dauer ein Hemmschuh für unsere Wettbewerbsfähigkeit und gefährdet die Schaffung guter neuer Arbeitsplätze. Eine umfassende Unternehmensteuerreform mit Absenkung der Steuersätze wäre der richtige Weg.“ Hessel räumt ein, dafür „leider aktuell keine Mehrheit“ in der Ampelkoalition zu haben. „Ich werde mich dafür aber weiter einsetzen.“

Die IW-Forscher schreiben in ihrer Studie: „Deutschland wird nicht umhinkommen, sich den Realitäten des internationalen Standortwettbewerbs zu stellen.“ So habe Deutschland im internationalen Steuerwettbewerb in den vergangenen Jahren an Wettbewerbsfähigkeit verloren.

In fast allen anderen Ländern sank die Belastung teils deutlich, in den angelsächsischen Ländern USA und Großbritannien etwa. Aber auch das langjährige Hochsteuerland Frankreich senkte die Steuern für seine Firmen unter Präsident Emmanuel Macron auf rund 25 Prozent.

In Deutschland setzt sich die Unternehmensbesteuerung aus zwei Komponenten zusammen. Zum einen aus der Gewerbesteuer, die bei durchschnittlich rund 14 Prozent liegt. Sie wird über einen lokalen Hebesatz der Kommunen beeinflusst. Die zweite Komponente ist die Körperschaftsteuer, die der Bund festlegt. 2008 senkte die damalige Große Koalition den Körperschaftsteuersatz von 25 auf 15 Prozent.

Steuerbelastung: Aus dem Mittelfeld an die Spitze

Lag Deutschland nach der Reform bei der Steuerbelastung im Mittelfeld, nimmt die Bundesrepublik inzwischen wieder einen Spitzenplatz ein, weil andere Länder die Steuern in der Zwischenzeit gesenkt haben. FDP wie Union fordern deshalb, auch in Deutschland die Unternehmensteuern auf 25 Prozent zu senken. So sagt Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU): „Eine Senkung der Körperschaftsteuer um fünf Prozent würde die Steuerlast Deutschlands auf ein vergleichbares Niveau mit den USA, Frankreich und Großbritannien bringen.“ Dass eine solche Senkung wichtige Impulse bringe, habe bereits die letzte große Reform von 2008 gezeigt.

Das IW spielt in der Studie drei Szenarien einer Körperschaftsteuersenkung durch. Eine jährliche Absenkung um jeweils einen Prozentpunkt über fünf Jahre, eine Absenkung um 2,5 Prozentpunkte in diesem und nächsten Jahr und eine jährliche Senkung um zwei Prozentpunkte über fünf Jahre.

Im ersten Szenario läge das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent höher als ohne Reform, was vor allem auf höhere Investitionen zurückzuführen ist, die laut Studie um 1,6 Prozentpunkte steigen. Das IW räumt in der Studie zwar ein, dass voraussichtlich „ein Rückgang des Steueraufkommens, vor allem in der kurzen Frist, nicht zu verhindern sein“ wird. Die positiven Effekte einer Reform würden auf längere Sicht die Mindereinnahmen von in der Spitze 17 Milliarden Euro jährlich aber ausgleichen.

Bei der Steuersenkung um gleich zehn Prozentpunkte würde die Wirtschaftskraft um 0,3 Prozentpunkte steigen und die privaten Investitionen um 3,2 Prozentpunkte. Die Löhne stiegen um 0,2 Prozentpunkte und der Konsum um 0,1 Prozentpunkte.

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