Europa sollte sich vom Dirigismus verabschieden
© Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Europa droht, den Anschluss zu verlieren. Grundlegende Reformen sind unausweichlich, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Anstelle einer immer komplexeren Steuerung der Unternehmen bedarf es einer Rückbesinnung auf die EU-Verträge und das Leitbild der freien Märkte. Ordnungspolitik muss wieder Vorrang haben, so der Wissenschaftliche Beirat der Stiftung Familienunternehmen.
Berlin, den 11. März 2025. Sechs Professoren, sechs Visionen für Europa: Gleich nach der Bundestagswahl lenkt die Stiftung Familienunternehmen mit ihrem Wissenschaftlichen Beirat den Blick auf nötige Reformen und vielversprechende Initiativen für das europäische Haus.
©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Prof. Gabriel Felbermayr plädiert für eine Vertiefung und Erweiterung des Binnenmarkts mit dem Ziel, die Handels- und Mobilitätsbarrieren so weit zu senken wie zwischen den Bundesstaaten der USA. Dadurch können große Effizienzgewinne und Skaleneffekte entstehen. Gleichzeitig muss das Subsidiaritätsprinzip wieder stärker zur Geltung kommen. Die EU sollte laut Felbermayr ihren Fokus auf Aufgaben lenken, die die Mitgliedsstaaten nicht alleine bewältigen können: Schutz der Außengrenzen, gemeinsame Verteidigung, grenzüberschreitende Infrastruktur und Spitzenforschung.
©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Prof. Clemens Fuest fordert eine Disziplinierung der Finanzpolitik in Europa. Die Verschuldung einzelner EU-Staaten ist besorgniserregend. Verstöße gegen die Maastricht-Regeln werden nicht konsequent geahndet. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts geht in die richtige Richtung, zeigt aber viele Ausnahmen und unbestimmte Rechtsbegriffe. Europa werde nicht durch schuldenfinanzierte Gemeinschafts-Investitionen wettbewerbsfähiger, sondern durch den Abbau von Berichtspflichten und durch Reformen auf Ebene der Mitgliedstaaten, so Fuest. Die EU solle nur dort handeln und koordinieren, wo es um grenzüberschreitende Ineffizienzen gehe.
©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Freiheit schafft Initiative
Prof. Udo Di Fabio sieht die EU in eine marktkritische Tendenz abgleiten, mit erhöhtem Ehrgeiz zur Überwachung und Steuerung der Wirtschaft. Er erinnert an das Leitbild einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wie es in den EU-Verträgen steht. Der Mensch dürfe nie zum bloßen Instrument eines kollektiven Plans gemacht werden. Wirtschaftsgrundrechte und Wirtschaftsfreiheiten verdienten eine Stärkung, weil daraus Initiative und Wertschöpfung wachse, so Di Fabio. Dringend sei ein europäischer Kapitalmarkt, der wachstumsstarke Unternehmen erst ermögliche.
©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Wie weit die EU noch von einem gemeinsamen Energiemarkt entfernt ist, zeigt Prof. Hans-Werner Sinn durch seine Kritik am deutschen Sonderweg in der Energiepolitik, der eine Deindustrialisierung geradezu erzwinge, ohne einen Nutzen für das Klima zu erzeugen. Prof. Kay Windthorst lenkt den Blick auf die Gesamtheit der Familienunternehmen, die von praxisfernen Regulierungen der EU besonders betroffen sind. Sie haben oft den Eindruck, die EU sieht ihre Belange nicht und begegnet ihnen mit Misstrauen. Prof. Rainer Kirchdörfer beleuchtet, wie sehr sich die Unternehmerfamilien internationalisiert haben und wie stark gleichzeitig ihre Mobilität immer noch eingeschränkt ist durch deutsches und europäisches Recht. Im Rahmen der Wegzugsbesteuerung wird der Freizügigkeit der Unternehmerfamilie bisher kaum Rechnung getragen.
©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
© Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar
Deutschland ist nach der Bundestagswahl noch auf absehbare Zeit mit sich selbst beschäftigt. Die Weltlage erzwingt immerhin einen europäischen Weg in der Verteidigungs- und Handelspolitik. Aber gerade in der Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen wir Europa an seinen freiheitlichen Gründungsgedanken zurückführen und zum Top-Standort machen – besonders für Familienunternehmen.
Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen
Teaserbild ©Stiftung Familienunternehmen/Dirk Michael Deckbar