Ordnungspolitik sichert Wohlstand in einer aus den Fugen geratenen Welt
Der Wissenschaftliche Beirat der Stiftung Familienunternehmen sagt, wie ernst die Lage ist. Die friedlichen Zeiten, in denen Gewinne sprudelten und Deutschland seine Vorteile ausspielen konnte, scheinen vorbei. Subventionen sind keine Lösung, so die Riege aus Ökonomen und Juristen. Es brauche dringend eine Wende in der Wirtschaftspolitik.
Berlin, den 8. April 2024. Die Welt ist unsicherer geworden. Das hat ökonomische Konsequenzen. Staaten schränken den freien Handel ein. Deutschland und Europa werden durch ihre große Offenheit erpressbar. Energieintensive Industrien wandern ab. Die Automobilindustrie ist derzeit kein Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft. Gleichzeitig gilt es, mehr Ressourcen für Verteidigung bereitzustellen. Das wird sehr schwer, wenn Deutschlands Wirtschaftskraft zerfällt.
Es braucht dringend private und öffentliche Investitionen sowie politische Reformen zur Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik. Die Professoren Clemens Fuest, Udo Di Fabio, Gabriel Felbermayr, Hans-Werner Sinn und Kay Windthorst erläutern heute ihre Thesen dazu vor Journalisten in Berlin im Haus des Familienunternehmens.
• Deutschland braucht günstige Bedingungen für Unternehmertum: eine moderne Infrastruktur, gut ausgebildete und leistungsbereite Arbeitskräfte, angemessene Lohn- und Energiekosten, leichten Zugang zu Investitionskapital, einen berechenbaren rechtlichen Rahmen.
• Ordnungspolitische Maßnahmen, die die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft stärken, haben das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis und sollten jetzt ergriffen werden: Senkung der Unternehmensbesteuerung, steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, Ausbau des Binnenmarktes, Schaffung einer Kapitalmarktunion, Abschluss von Handels- und Investitionsschutzabkommen.
Prof. Clemens Fuest, darüber wie wir Deutschlands Wohlstand sichern
• Wohlstandssicherung ist ein Staatsziel. Die Idee einer in Richtung Ökologie umgesteuerten Wirtschaft klingt sympathisch und ist Blick auf künftige Generationen auch geboten. Doch muss dabei zukünftig mehr Raum bleiben für unternehmerische Handlungsfreiheit und technische Kreativität. Zu enge Kontrolle hemmt Wachstumskräfte und beschränkt Grundrechte.
• Mittelständische Familienunternehmen haben gezeigt, wie sie in wenigen Jahren zu multinationalen Unternehmen werden konnten. Die Politik sollte keine Maßnahmen beschließen, die Verkäufe von Familienunternehmen an das Ausland begünstigen oder gar erzwingen und die Nachfolge behindern.
• Familienunternehmen stärken nicht nur den materiellen, sondern auch den immateriellen Wohlstand Deutschlands – gerade im ländlichen Raum. Typisch für sie ist eine Kultur der wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung. Der Staat sollte diese Kultur fördern, statt die durchwachsende Steuer- und Bürokratielasten zu untergraben.
Professor Rainer Kirchdörfer Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats und Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Unsere Hidden Champions (oder die es werden wollen) brauchen keine besondere Unterstützung. Sie kennen sich aus mit Wettbewerb und mit dem Druck, am Markt zu bestehen. Was sie aber brauchen und fordern, sind grundlegend bessere Bedingungen für unternehmerische Tätigkeit.“
Den Thesen des Wissenschaftlichen Beirats sind gemeinsame Überlegungen zur Definition von Wohlstand vorangegangen. Den Wissenschaftlern ist bewusst, dass dieser nicht allein am Bruttoinlandsprodukt gemessen werden kann. Das Wohlstandskonzept sollte breiter gedacht werden einschließlich Faktoren wie persönliche Freiheit, Nachhaltigkeit und Chancengleichheit.
Ausgewählte Zitate der Autoren:
Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest
Präsident des ifo Instituts und Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München
„Deutschland braucht eine wirtschaftspolitische Strategie zur mittelfristigen Stärkung der Angebotskräfte: Mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, Entlastungen von Steuern und Bürokratie für private Investitionen und Reformen im Steuer- und Abgabensystem, damit Erwerbsarbeit sich lohnt, weniger kleinteilige und dirigistische Klima- und Umweltpolitik und nicht zuletzt ein Ausbau des Energieangebots in Deutschland.“
Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio
Professor für öffentliches Recht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
„Die politische Lenkung von unternehmerischem Verhalten ist ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff, sei es durch Produkt- und Dienstleistungsvorgaben, durch Vorschriften über innere Organisationsverhältnisse und Verfahren oder durch Priorisierungen der Investitionstätigkeit. Die Belastungswirkungen sind im Hinblick auf Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Ertrag zu beurteilen.“
Prof. Gabriel Felbermayr, PhD
Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Universitätsprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien
„Das Ziel der Wirtschaftspolitik sollte nicht sein, mit branchen- oder gar firmenspezifischen Subventionen eine künstliche Wettbewerbsfähigkeit in Sektoren herzustellen, wo Deutschland oder Europa komparativen Nachteile haben. Es geht vielmehr darum, die Technologieführerschaft in Sektoren mit komparativen Vorteilen zu behaupten und auszubauen. Das gelingt am besten mit einer Stärkung der allgemeinen Standortqualität.“
Prof. Dr. Kay Windthorst
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechtsdogmatik und Rechtsdidaktik der Universität Bayreuth
„Familienunternehmen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung und Förderung von Wohlstand in Deutschland. Ihre Innovationskraft und wertegeprägte Unternehmenskultur spielen eine wichtige Rolle für den materiellen und den immateriellen Wohlstand. Diese besondere Verantwortungskultur ist gefährdet, wenn Familienunternehmen nicht weitergeführt, sondern an ausländische Investoren veräußert werden. Der Staat ist daher aufgerufen, bessere Rahmenbedingungen für die Fortführung von Familienunternehmen durch die NextGen zu schaffen. Ein wichtiger Hebel hierfür ist eine für Familienunternehmen freundliche Ausgestaltung der Erbschaftsteuer.“
Teaserbild: Pressekonferenz Wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Familienunternehmen, 08. April 2024
/ © Stiftung Familienunternehmen / Marco Urban