Europa zukunftsfähig machen

Jahresheft des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Familienunternehmen
Veröffentlichung
Berlin, 2025
Autoren
Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D., Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Prof. Rainer Kirchdörfer, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn, Prof. Dr. Kay Windthorst
Isbn
978-3-948850-60-9

Schon lange steht fest, dass auf Deutschland und Europa gewaltige Ausgaben zukommen. Die geopolitischen, ökonomischen und sicherheitspolitischen Anforderungen zwingen hierzu. Staaten müssen ihre Investitionen spürbar erhöhen und deren Finanzierung sichern. Dies wird nicht nur Auswirkungen auf die Verschuldung der EU-Staaten (und gegebenenfalls die Verschuldung der EU als Gemeinschaft) haben, sondern auch auf die Wachstumsraten. Auch Unternehmen müssen wieder im großen Stil investieren, um die nötigen Kapazitäten zu schaffen und international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Aber macht der Standort Europa dabei eine gute Figur? Der Länderindex Familienunternehmen hat gerade gezeigt: Besonders die großen Länder fallen zurück. Ihnen drohen massive Wohlstandsverluste. Gerade jetzt, wenige Tage nach der Bundestagswahl, ist es wichtig, den Blick auf Europa zu lenken.

Grundlegende Reformen sind unausweichlich, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern. Anstelle einer immer komplexeren Steuerung der Unternehmen bedarf es einer Rückbesinnung auf die EU-Verträge und auf das Leitbild der freien Märkte. Ordnungspolitik muss wieder Vorrang haben.

Binnenmarkt stärken, praxisferne Regulierung abbauen und Mobilität fördern, so lautet die Botschaft aus dem Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Familienunternehmen. Kurz: Europa sollte sich von zu viel Dirigismus verabschieden.

In diesem Heft liefern sechs Professoren sechs Visionen für Europa. Sie entwerfen notwendige Reformen und Initiativen für das europäische Haus.

Prof. Gabriel Felbermayr plädiert für eine Vertiefung und Erweiterung des Binnenmarkts mit dem Ziel, die Handels- und Mobilitätsbarrieren so weit zu senken wie zwischen den Bundesstaaten der USA. Dadurch können große Effizienzgewinne und Skaleneffekte entstehen. Gleichzeitig muss das Subsidiaritätsprinzip wieder stärker zur Geltung kommen. Die EU sollte laut Felbermayr ihren Fokus auf Aufgaben lenken, die die Mitgliedsstaaten nicht alleine bewältigen können: Schutz der Außengrenzen, gemeinsame Verteidigung, grenzüberschreitende Infrastruktur und Spitzenforschung.

Prof. Clemens Fuest fordert eine Disziplinierung der Finanzpolitik in Europa. Die Verschuldung einzelner EU-Staaten ist besorgniserregend. Verstöße gegen die Maastricht-Regeln werden nicht konsequent geahndet. Die jüngste Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts geht in die richtige Richtung, zeigt aber viele Ausnahmen und unbestimmte Rechtsbegriffe. Europa werde nicht durch schuldenfinanzierte Gemeinschaftsinvestitionen wettbewerbsfähiger, sondern durch den Abbau von Berichtspflichten und durch Reformen auf Ebene der Mitgliedstaaten. Die EU solle nur dort handeln und koordinieren, wo es um grenzüberschreitende Ineffizienzen gehe.

Prof. Udo Di Fabio sieht die EU in eine marktkritische Tendenz abgleiten, mit erhöhtem Ehrgeiz zur Überwachung und Steuerung der Wirtschaft. Er erinnert an das Leitbild einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wie es in den EU-Verträgen steht. Der Mensch dürfe nie zum bloßen Instrument eines kollektiven Plans gemacht werden. Wirtschaftsgrundrechte und Wirtschaftsfreiheiten verdienten eine Stärkung, weil daraus Initiative und Wertschöpfung wachse. Dringend sei ein europäischer Kapitalmarkt, der wachstumsstarke Unternehmen erst ermögliche.

Wie weit die EU noch von einem gemeinsamen Energiemarkt entfernt ist, zeigt Prof. Hans-Werner Sinn durch seine Kritik am deutschen Sonderweg in der Energiepolitik, der eine Deindustrialisierung geradezu erzwinge, ohne einen Nutzen für das Klima zu erzeugen. Prof. Kay Windthorst lenkt den Blick auf die Gesamtheit der Familienunternehmen, die von praxisfernen Regulierungen der EU besonders betroffen sind. Sie haben oft den Eindruck, die EU sieht ihre Belange nicht und begegnet ihnen mit Misstrauen. Prof. Rainer Kirchdörfer beleuchtet, wie sehr sich die Unternehmerfamilien internationalisiert haben und wie stark gleichzeitig ihre Mobilität immer noch eingeschränkt ist durch deutsches und europäisches Recht. Im Rahmen der Wegzugsbesteuerung wird der Freizügigkeit der Unternehmerfamilie bisher kaum Rechnung getragen.

Zusammenfassend: Deutschland ist nach der Bundestagswahl noch auf absehbare Zeit mit sich selbst beschäftigt. Die Weltlage erzwingt immerhin einen europäischen Weg in der Verteidigungs- und Handelspolitik. Aber gerade in der Wirtschafts- und Finanzpolitik muss Europa auf seinen freiheitlichen Gründungsgedanken zurückgeführt und wieder zum Top-Standort werden – besonders für Familienunternehmen.

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