Das Unternehmerbild im Lehrerzimmer

Ein- und Vorstellungen von Lehrkräften zu Entrepreneurship und Familienunternehmen
Herausgeber
Stiftung Familienunternehmen
Veröffentlichung
München, 2025
Institut
Institut für Ökonomische Bildung an der CvO Universität Oldenburg
Autoren
Prof. Dr. Dirk Loerwald, Dr. Stephan Friebel-Piechotta
Isbn
978-3-948850-70-8

Unternehmerisches Denken und Handeln ist eine Schlüsselkompetenz moderner Gesellschaften. Es verbindet wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Verantwortung und ist damit zentral für eine mündige Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft. Die aktuelle Studie der Stiftung Familienunternehmen untersucht, wie Lehrkräfte in Deutschland Unternehmertum, Unternehmen und insbesondere Familienunternehmen wahrnehmen – und welche Einstellungen sie gegenüber Entrepreneurship Education vertreten.

Die Ergebnisse zeigen: Lehrkräfte bewerten unternehmerische Bildung als wichtigen Bestandteil schulischer Allgemeinbildung. Gleichzeitig offenbaren sich deutliche Unterschiede im Unternehmerbild, in der Einschätzung von Familienunternehmen und in den Erwartungen an Bildungspolitik und Lehrkräfteausbildung.

Was sind die Kernergebnisse aus der Studie „Das Unternehmerbild im Lehrerzimmer“?

Die Top 3 Befunde sind:

  • 84,6 % der befragten Wirtschaftslehrkräfte finden, dass Wissen über Unternehmen und Unternehmertum Teil schulischer Ausbildung sein sollte.
  • Mit 44,6 % der Befragten ist ungefähr die Hälfte der Lehrkräfte dafür, dass Entrepreneurship Education an Schulen verpflichtend vermittelt werden sollte.
  • Wirtschaftslehrkräften fehlt es aus ihrer Sicht an besserem wirtschaftswissenschaftlichem Wissen und fachdidaktischem Rüstzeug.

Diese Kernergebnisse machen deutlich, dass Entrepreneurship Education in Deutschland als zukunftsrelevantes Bildungsthema anerkannt ist – ihre institutionelle Verankerung in Lehrplänen und Lehrkräftebildung jedoch noch am Anfang steht.

Einschätzung von Wirtschaftslehrkräften zur Risikobereitschaft von Unternehmern. Die große Mehrheit stimmt zu, dass Unternehmer deutlich risikobereiter sind als Angestellte.
Wirtschaftslehrkräfte sind von der Risikobereitschaft von Unternehmern überzeugt: Fast alle Befragten stimmen in dieser Frage zu.

Wie sehen Lehrkräfte Unternehmertum und Unternehmer?

Das Unternehmerbild der befragten Lehrkräfte ist differenziert und von ambivalenten Zuschreibungen geprägt. Einerseits gelten Unternehmerinnen und Unternehmer als innovativ, risikobereit und fleißig. Andererseits werden sie häufig mit Wohlstand, Erbe und sozialem Privileg verbunden.

So stimmen mehr als 80 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass Unternehmer risikofreudiger als Angestellte sind. Zugleich ist eine Mehrheit überzeugt, dass viele Unternehmer aus privilegierten Elternhäusern stammen und ihre Position durch geerbtes Kapital begünstigt ist.

Besonders positiv wird indes das Bild von Familienunternehmen bewertet. Diese gelten aus Sicht der Lehrkräfte als wirtschaftlich stabil, regional verankert und sozial verantwortungsbewusst. Sie werden mit langfristigem Denken, Nachhaltigkeit und Arbeitsplatzsicherheit assoziiert, zugleich aber auch als konservativer und hierarchischer wahrgenommen als andere Unternehmensformen.

Befragung von Wirtschaftslehrkräften zu praktischen Unterrichtserfahrungen. Die Mehrheit der Lehrkräfte berichtet bei allen vier Themenfeldern – Praxiskontakte, Schülerfirmen, Unternehmensgründung und Unternehmertum – von eher positiven oder positiven Erfahrungen.
Ökonomische Bildung kommt im Schulunterricht sowohl in Theorie als auch in Praxis gut an: Die Erfahrungen der Lehrkräfte - auch beim Einbinden von Praxispartnern aus der Wirtschaft - sind in erster Linie positiv.

Welche Rolle spielt Entrepreneurship Education im Unterricht?

Unternehmerisches Denken und Handeln im Unterricht stärkt ökonomische Grundkompetenzen und fördert Eigeninitiative. Die Mehrheit der Lehrkräfte hält es für notwendig, dass Wissen über Unternehmen und Unternehmertum fester Bestandteil schulischer Bildung ist.

Konkrete Ergebnisse:

  • 80,9 % der befragten Lehrkräfte haben im Unterricht positive Erfahrungen beim Besprechen des Themas Unternehmensgründung gemacht.
  • 84,6 % der Befragten sind der Ansicht, dass Wissen über Unternehmen und Unternehmertum Teil schulischer Allgemeinbildung sein sollte.
  • 44,6 % der Befragten wünschen sich, dass Entrepreneurship Education verpflichtend vermittelt wird.

Praktische Unterrichtsformen, etwa Schülerfirmen, Unternehmensprojekte oder Kooperationen mit lokalen Betrieben, werden von den meisten Lehrkräften als besonders wirksam eingeschätzt. Diese Ansätze fördern Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und stärken die persönliche Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler.

Befragung von Wirtschaftslehrkräften zur Bedeutung unternehmerischer Bildung. 84,6 % der Befragten stimmen zu, dass Wissen über Unternehmen und Unternehmertum Teil der schulischen Allgemeinbildung sein sollte.
Eine große Mehrheit der befragten Wirtschaftslehrkräfte ist der Ansicht, dass Wissen über Unternehmen und Unternehmertum Teil schulischer Ausbildung sein sollte.

Wie stehen Lehrkräfte zu Staat, Markt und Wettbewerb?

Die Mehrheit der Befragten bekennt sich zu den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. 81,6 % sehen Wettbewerb als positiv an, weil er Innovation und Effizienz fördere. Zugleich herrscht Bewusstsein für Zielkonflikte zwischen Kostendruck und sozialen Standards.

Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft werden überwiegend kritisch bewertet – mit Ausnahmen: So befürworten zwei Drittel der Lehrkräfte Regulierungen im Bereich Lieferkettenstandards, bei Marktmacht großer Unternehmen oder im Zusammenhang mit einer Frauenquote in Führungspositionen.

Auch steuerpolitisch zeigen sich differenzierte Ansichten. Eine Mehrheit hält Steuererhöhungen auf Unternehmensgewinne und eine höhere Erbschaftsteuer für Unternehmer für gerechtfertigt, insbesondere wenn daraus soziale oder ökologische Ziele gefördert werden.

Lehrkräfte mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund (z. B. Politik oder Sozialkunde) stehen Unternehmen tendenziell kritischer gegenüber als solche mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium. Letztere betonen stärker den gesellschaftlichen Nutzen von Unternehmertum und sehen in Familienunternehmen einen stabilisierenden Faktor für Wirtschaft und Beschäftigung.

Dr. Nicola Leibinger-Kammüller, Vorstandsvorsitzende der TRUMPF GmbH + Co. KG, betont die Bedeutung ökonomischer Bildung: Junge Menschen sollten schon in der Schule die Grundlagen unternehmerischen Handelns kennenlernen. TRUMPF engagiert sich deshalb aktiv für Kooperationen zwischen Wirtschaft und Schule, um wirtschaftliche Themen praxisnah zu vermitteln.
Dr. Nicola Leibinger-Kammüller, Vorstandsvorsitzende TRUMPF

Welche bildungspolitischen Empfehlungen ergeben sich aus der Studie?

Die Untersuchung zeigt deutlich: Lehrkräfte wünschen sich mehr ökonomische Bildung, fühlen sich aber oft nicht ausreichend vorbereitet, diese Inhalte kompetent zu vermitteln. Daraus ergeben sich konkrete Empfehlungen für die Schul- und Hochschulpolitik.

Schulpolitische Empfehlungen:

  • Curricula bestehender Fächer sollten um Module der ökonomischen Bildung und Entrepreneurship Education ausgebaut werden.
  • Grundsätzlich sollte Entrepreneurship Education in den Lehrplänen einen größeren Stellenwert erhalten – einschließlich der möglichen Einführung neuer Fächer oder Unterrichtseinheiten.
  • Auf Bundesebene sollte die Kultusministerkonferenz (KMK) Entrepreneurship Education in den Empfehlungen zur schulischen Berufsorientierung verankern. Die bislang überwiegend arbeitnehmerorientierte schulische Berufsorientierung sollte um die Perspektive einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ergänzt werden.
  • Kooperationen mit regionalen Familienunternehmen können praxisnahe Lernmöglichkeiten schaffen und ökonomische Bildung für Schülerinnen und Schüler erfahrbar machen.

Hochschulpolitische Empfehlungen:

  • Hochschulen sollten mehr Module zu ökonomischer Bildung, Unternehmenspraxis und Gründungswissen in die grundständige Ausbildung angehender Lehrkräfte aufnehmen.
  • Fachdidaktische Module zu Entrepreneurship Education sollten entwickelt und verpflichtend in die relevanten Studiengänge implementiert werden.
  • Kultusministerien und Landesinstitute sollten berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungsangebote zu den Themen ökonomische Bildung, Unternehmensethik und Entrepreneurship Education erweitern und aktiv bewerben.

Häufige Fragen zum Thema Entrepreneurship Education

Was versteht man unter Entrepreneurship Education?
Darunter versteht man Bildungsangebote, die unternehmerisches Denken, Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein fördern – sowohl im wirtschaftlichen als auch im gesellschaftlichen Kontext.

Wie sehen Lehrkräfte Familienunternehmen?
Familienunternehmen werden überwiegend positiv bewertet: als verlässlich, regional verankert und sozial verantwortlich, wenn auch etwas konservativer in der Unternehmenskultur.

Wie stark ist Unternehmertum in den Lehrplänen verankert?
Bisher nur punktuell. Die meisten Lehrkräfte fordern eine deutlich stärkere Integration von Unternehmens- und Gründungsthemen in den Unterricht.

Warum ist Entrepreneurship Education gesellschaftlich relevant?
Sie trägt dazu bei, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, Innovationsfähigkeit zu fördern und Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen zu entwickeln.

Was empfehlen die Studienautoren der Bildungspolitik?
Die systematische Verankerung von Entrepreneurship Education in Lehrplänen, Lehrkräfteausbildung und schulischen Fortbildungsprogrammen.

Datum
14.11.2025, München

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