Nachhaltigkeitsberichterstattung: Zur Unionsrechtskonformität des CSRD-Standardsetzungsverfahrens
- Herausgeber
- Stiftung Familienunternehmen
- Veröffentlichung
- München, 2022
- Institut
- Universität Tübingen
- Isbn
- 978-3-948850-10-4
Verstoß gegen Demokratieprinzip und EU-Recht
Nachhaltigkeit wird ein immer größeres Thema – auch für die europäische Wirtschaft. Künftig sollen nicht mehr nur kapitalmarktorientierte Gesellschaften über die Erfüllung bestimmter ökologischer und sozialer Kriterien berichten, sondern – ab einer gewissen Größe – alle. Hierzu musste eine Richtlinie erstellt werden, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).
Die Entwicklung der hierfür notwendigen Standards hat die EU an die EU-Kommission delegiert. Diese legt aber selbst nur wenige Kernpunkte fest und verweist die Details an die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG). Das eine private belgische Organisation.
Dieses Vorgehen wird stark kritisiert und verstößt nach Auffassung von Prof. Dr. Martin Nettesheim gleich gegen mehrere Rechtsgrundsätze. In einem ausführlichen Gutachten legt der auf Staats- und Verwaltungsrecht sowie auf Europa- und Völkerrecht spezialisierte Jurist dar, dass diese Delegationsregelungen mit den EU-Verträgen unvereinbar sind, und begründet dies detailliert.
Zudem verweist er darauf, dass das Vorgehen auch gegen Vorgaben des deutschen Grundgesetzes verstößt. „Die Entscheidungen des EU-Gesetzgebers berühren das Recht auf Demokratie und die Verfassungsidentität“, so Nettesheim. „Sie können deshalb im Wege der Verfassungsbeschwerde von allen Deutschen angegriffen werden.“